STALAG III A LUCKENWALDE
Friedhof des ehem. Kriegsgefangenenlagers und Gedenkstätte
Das Friedhofsgelände hat eine Gesamtgröße von ca. 7500 qm und gliedert sich in vier Teilbereiche.
1. Italienischer Teil
1992 wurden 215 italienische Kriegstote exhumiert und nach Italien überführt. Auf den ehemaligen Gräberfeldern befinden sich jetzt Rasenflächen. Dieser Teil des Friedhofs wurde auch nach Kriegsende von Umsiedlern, die im Lager untergebracht wurden, weiterbelegt. Einige dieser Grabstellen sind mit Grabsteinen noch vorhanden.
2. Französischer Teil
Die auf dem Lagerfriedhof beerdigten Franzosen wurden unmittelbar nach Kriegsende durch eine französische Militärkommission umgebettet. Es wird vermutet, dass auf diesem Teil des Friedhofs auch die Toten der übrigen Westalliierten bestattet waren. Eine Militärkommission Großbritanniens hat britische Verstorbene ebenfalls umgebettet.
3. Jugoslawischer Teil
Im Randbereich befinden sich beidseitig des Weges drei Grabreihen, die mit liegenden Kunststeintafeln, auf denen die Namen der Kriegsopfer aus dem ehem. Jugoslawien eingearbeitet wurden, gekennzeichnet sind. In diesem Teil des Friedhofs sind auch polnische und tschechische Tote sowie Muslime beigesetzt.
(Im Sommer 2021 startete ein internationales Projekt, bei dem die Geschichte des jugoslawischen Teils des Luckenwalder Stalag-Friedhofs thematisiert wurde - mit Erfolg: Neue Fotos aus dem Stalag III A aufgetaucht!)
4. Sowjetischer Teil
Im ehem. sowjetischen Teil des Friedhofs sind heute 38 Grabfelder durch Kantensteineinfassungen gekennzeichnet. Der Vergrößerung eines Luftbildes vom 9. April 1945 ist zu entnehmen, dass die damalige Struktur des sowjetischen Teils des Friedhofes eine andere war als die, die heute erkennbar ist. Das Luftbild zeigt auf dem sowjetischen Teil des Friedhofs auf der gleichen Fläche 71 Massengräber in vier Reihen.
Das Stalag III A 1939 - 1945
Planung und Aufbau des Lagers
Bereits vor dem deutschen Überfall auf Polen wurde in Luckenwalde ein sog. Kriegsgefangenen-Mannschaftsstammlager (Stalag) geplant, in dem Kriegsgefangene, die nicht Offiziersrang besaßen, untergebracht werden sollten. Das Lager war dem Oberkommando der deutschen Wehrmacht (OKW) unterstellt.
Es sollte 10.000 Mann aufnehmen können und galt in seinem Aufbau als Vorbild für die anderen Lager im Reichsgebiet. Es war das größte Lager im Wehrkreis III (Berlin - Brandenburg). Mitte September 1939 trafen die ersten polnischen Kriegsgefangenen ein. Sie wurden in Zelten (12 x 35 m) untergebracht und begannen mit dem Aufbau der Baracken und der anderen Gebäude, die im Winter fertiggestellt waren. Der gesamte Komplex des Lagers umfasste etwa 100 Gebäude und 50 Zelte.
Die Kriegsgefangenen
Nach den polnischen Kriegsgefangenen folgten die Gefangenen des Westfeldzuges, zunächst Niederländer und Belgier, die jedoch nur kurz im Lager verblieben. Die 40.000 französischen Gefangenen, die ab dem Sommer 1940 nach Luckenwalde kamen, bildeten bis zum Kriegsende 1945 die größte Kriegsgefangenengruppe.
Den Kriegsschauplätzen folgend wurden 1941 zunächst jugoslawische ("südöstliche"), serbische und Ende des Jahres sowjetische Gefangene nach Luckenwalde gebracht. Nach dem Frontenwechsel Italiens kamen 1943 binnen kürzester Zeit rund 16.000 italienische Militärinternierte, von denen aber der größte Teil rasch auf andere Lager verteilt wurde. Gegen Kriegsende wurden amerikanische, rumänische und erneut britische und polnische Gefangene in das Lager verbracht, so dass im Verlauf des Krieges die Angehörigen von über zehn kriegsführenden Nationen im Luckenwalder Stalag III A gefangen gehalten waren.
Das Lager wurde in der Regel nach den Richtlinien der Genfer Konvention und der Haager Landkriegsordnung betrieben, die unter anderem den Briefverkehr und die Hilfesendungen von karitativen Organisationen regelten. Bis zum Schluss kontrollierte dies regelmäßig das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK). Die Angehörigen der Roten Armee waren von solchen Kontrollen und Hilfeleistungen ausgeschlossen. Sie hatten wesentlich schlechtere Lebensbedingungen und genossen nicht den Schutz durch die Genfer Konvention, weil die UdSSR das Abkommen nicht unterzeichnet hatte. Außerdem betrachtete Stalin die sowjetischen Kriegsgefangenen als Vaterlandsverräter. Sie waren also in doppelter Hinsicht vogelfrei.
Arbeitskommandos und Arbeitseinsätze
Über 200.000 Gefangene vieler Nationalitäten durchliefen das Stalag III A. Nach Erfassung persönlicher Daten, Registrierung und Gesundheitskontrolle im Lager wurden die meisten Gefangenen in kleinere Lager der einzelnen Arbeitskommandos für Land- und Forstwirtschaft sowie der Industrie überführt oder in andere Stammlager gebracht. Die schätzungsweise über 1.000 Arbeitskommandos des Luckenwalder Lagers verteilten sich über das Gebiet des heutigen Landes Brandenburg. Im Verwaltungsbereich des Stalag III A befanden sich durchgehend 40.000 Kriegsgefangene. Im Stammlager selbst waren maximal 6.000 - 8.000 Mann.
Bei der Behandlung und Versorgung der Kriegsgefangenen wurden je nach Nationalität Unterschiede gemacht. Während die "Westgefangenen" (z. B. Briten und Amerikaner) gut verpflegt wurden, starben zahlreiche italienische Militärinternierte und sowjetische Kriegsgefangene an den Folgen schlechter Behandlung.
Sterben im Stalag
Nach dem bisherigen Kenntnisstand starben im Stalag III A ca. 4.000 - 5.000 Gefangene. Allein im strengen Winter 1941/42 sind bei einer Fleckfieberepidemie rund 2.000 bis 2.500 tote sowjetische Gefangene zu beklagen. Noch im Frühjahr 1942 wurden die sowjetischen Gefangenen zunächst nur begrenzt zur Arbeit eingesetzt, da sie in äußerst schlechter körperlicher Verfassung ankamen und erst gesundheitlich stabilisiert werden mussten.
Die Sterblichkeit der sowjetischen Gefangenen war gerade im Vergleich mit der anderer Nationen außerordentlich hoch. Die Todesursachen der nicht sowjetischen Gefangenen waren vielfältig, meist jedoch verstarben sie an Infektionskrankheiten, insbesondere an Tuberkulose. Vereinzelt wurden in den Sterbeurkunden unnatürliche Todesursachen verzeichnet. Dazu zählten Selbstmord, Erschießung auf der Flucht oder Versterben infolge einer Verletzung oder eines Arbeitsunfalls. Nicht sowjetische Gefangene wurden im Todesfall mit militärischen Ehren auf dem Stalag-Friedhof in Einzelgräbern bestattet. Die sowjetischen Toten wurden anonym in Massengräbern begraben.
Endphase
Anfang 1945, als die Rote Armee die Oder erreichte, wurde das Stalag III B in Fürstenberg evakuiert. Die Insassen dieses Lagers machten auf ihrem Weg für einige Wochen in Luckenwalde Station, was zu einer heillosen Überfüllung und zu katastrophalen hygienischen Verhältnissen führte. Noch in den letzten Kriegswochen wurde für das Lager ein Kampfkommandant ernannt. Eine militärische Verteidigung erübrigte sich glücklicherweise, da sich die deutschen Wachmannschaften und Offiziere vor dem Eintreffen der sowjetischen Truppen Richtung Westen absetzten.
Am 22. April 1945 wurde das Stalag III A von der Roten Armee befreit.
Zur Geschichte des Kriegsgefangenenlagers befinden sich im Heimatmuseum Luckenwalde ein Gedenkraum und ein Archiv. Dort erhalten Sie mehrsprachige Begleitbroschüren und finden im Archivbereich weitere Dokumentationen und Archivalien über das Kriegsgefangenenlager.
Restaurierung und Neugestaltung
Die über Jahrzehnte entstandenen und gepflegten Teilbereiche des Stalag-Friedhofs sind historische Dokumente der Gedenkkultur der Nachkriegszeit. Aus Respekt davor und aus denkmalfachlichen Gründen sind diese Teilbereiche des Friedhofs erhalten und, wo notwendig, restauriert worden.
Gleichzeitig bestand die Notwendigkeit, einen Bereich auszuweisen, an dem zentral aller im Stalag Verstorbenen und hier urspr. Bestatteten gedacht werden konnte. Darüber hinaus galt es, einen Informationsort zu schaffen, der in Ergänzung zur Ausstellung im Heimatmuseum, vor Ort auf dem Friedhof über die Geschichte des Stalag informieren würde.
Diese Prämissen hatten die folgend beschriebene Gestaltung zur Folge: Vom bisherigen Eingang aus führt der Weg nach Westen zunächst zu einem seitlich angeordneten Informationsbereich mit zwei grossen Informationstafeln. Von hier aus wird der neue zentrale, platzartig aufgeweitete Gedenkort des Friedhofs betreten. Zwischen den Heckenscheiben liegt ein über wenige Trittflächen zu erreichendes Rondell, in dessen Mittelpunkt eine neu geschaffene Widmungstafel platziert ist, die zum Gedenken an die hier Bestatteten und zum Frieden mahnt. Südlich der Widmungstafel stehen zwischen Rondell und einer Hecke vier Bronzestelen, auf denen die Namen der Nationen der Kriegsgefangenen und die bisher bekannten Namen der ursprünglich auf dem Friedhof Bestatteten verzeichnet sind. Über das Rondell geht der Blick zwischen den Hecken und entlang der Baumreihe durch die Waldflächen des Friedhofs zum ehemals Jugoslawischen Friedhofsbereich und darüber hinaus zum Gedenkstein des ehemals Sowjetischen Felds.
Planung: Büro Dr. Jacobs & Hübinger (Bauleitung: Friedemann Kolbe-Schulz) Berlin; Landschaftsbau Dominick, Treuenbrietzen; Bronzeguss Bildgießerei Noack, Berlin; Informationstafel: Design United Talents Berlin, Herstellung Fa. Rose, Luckenwalde
Der Luckenwalder Heimatfreunde e. V. beteiligte sich aktiv bei der Sanierung des Stalag-Friedhofes im Jahr 2009. Schwerpunkt dabei war die Restaurierung des Denkmals auf dem Italienischen Feld. Der Verein stellte einen Förderantrag bei der Mittelbrandenburgischen Sparkasse und erhielt 8.000,- €. Dieser Betrag wurde für die Restaurierung des Denkmals eingesetzt und mit Mitteln der Stadt Luckenwalde auf die nötigen 11.000,- € aufgestockt.
Die aufwendigen Arbeiten führte der Berliner Diplom-Restaurator Manfred Sährig aus. Die Texttafel aus der DDR Zeit wurde durch eine Nachbildung der Originaltafel von 1945 ersetzt und im Fundus des Heimatmuseums eingelagert.
Text der Tafel aus der DDR Zeit:
Hier ruhen italienische Bürger, die dem faschistischen Terror zum Opfer gefallen sind
Text der Originaltafel von 1945:
Non loquendo sed moriendo confessi sund - Consortes Posure 5.6.45 - Nicht als Vorbild, sondern als Erinnerung an ein Bekenntnis aufgestellt - Unsere hier begrabenen Kameraden 5.6.45
Interaktiver Rechercheplatz im HeimatMuseum
Im Luckenwalder HeimatMuseum ist ein interaktiver Arbeitsplatz eingerichtet, an dem Besucher Einblick in die Akten des ehemaligen Kriegesgefangenenlagers Stalag III A erhalten. An einem interaktiv steuerbaren Bildschirm kann der Besucher durch über 9.000 Datensätze von 3.900 russischen Lagerinsassen blättern.
Darunter sind Personalkarten, die beim Eintreffen in dem Luckenwalder Lager erstellt wurden und den Gefangenen begleiteten. Außerdem sind Lazarett- und Versetzungskarten einsehbar.
Vor allem für die vielen Angehörigen, die jede Woche nach Luckenwalde kommen, um die Spuren ihrer Eltern oder Großeltern zu suchen, sind die Datensätze von enormer Bedeutung. Aber auch für alle anderen Besucher ist das Verzeichnis spannend und zugleich bestürzend, wenn es schreckliche persönliche Schicksale hinter den bürokratischen Aufzeichnungen erkennen lässt.
Wenn man an dem Arbeitsplatz die schier endlose Liste an Namen von 3.900 Menschen entlang scrollt, erhält man einen Eindruck von dieser gewaltigen Masse.
Die Akten stammen von der Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft.
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